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Die Kordiale der Engel




So kamen die Aspekte zu den Menschen:

Auszug aus den Schriften Tir`ahmaths:



Zerschlagen scheint der Himmel, die Erde liegt in ihren letzten Zügen. Vom Kampf der Götter zeugt nur noch das Heer von Leichen. Mensch neben Elf, Dämon neben Engel, Kriegsherr neben Knappe. Sie bilden den Mantel, der die Erde zu umhüllen scheint.

Gegangen sind die Götter und mit ihnen all unsre Hoffnungen...

Immer noch hallen die Worte Yol`s in unseren Herzen: "Sucht euren eigenen Weg, denn eure Götter haben den ihren gewählt! An euch liegt es, ob dieser Kampf neu entflammt".

!YOL!! Vater allen Seins!

Wer wird uns nun leiten in dieser dunklen Stunde? Bahamuth umschlang seinen Bruder und verschwand jenseits der Zeit. Aitharos liegt im Kampf mit dem Dijai Dan, bis die Götter zurückkehren werden. Und selbst seine Tochter Sheenallasaar scheint verschwunden.

Wer soll uns nun aus diesem namenlosen Tal der Zeit herausführen?

Doch plötzlich fällt Licht auf meine Schriften, und ich erhebe meinen Blick gen Himmel.

Ein Riss zeigt sich im schwarzen Gefilde der Wolken. Die Sonne versinkt und goldenes Licht trifft auf die blutgetränkten Felder des Armaggeddons. So hell wie die aufkeimende Hoffnung in meinem Herzen schwebt ein Schiff aus purem Gold hinab auf die triste Heimat der noch Lebenden. Bin ich tot? Hast DU, dem ich immer treu diente, dich erbarmt und mich zu dir geholt? Es muss so sein, denn wie sollte ich es sonst verdient haben, deine Geschöpfe von Angesicht zu Angesicht erblicken zu dürfen.

Federn aus Sternenlicht und Augen, die ihren untergehenden Bruder noch zu übertrumpfen scheinen. Majestätisch breiten SIE ihre Schwingen aus, zeitlos, denn keine vermag, sie zu binden. Sie steigen hinab zu den Sterblichen, um sie zu richten? Oder sie in die ewige, die goldene Stadt zu führen?

NEIN!

Der Erste von ihnen zieht sein Schwert. Noch nie in meinem unsterblichen Leben sah ich solch ein Wesen. So strahlend und trotzdem von dunkelster Schwärze umgeben. Verwoben sind in ihm beide Seiten. Sowohl die Sterne als auch die Nacht sind an seiner Seite und für ihn erschaffen. Als Symbol uneingeschränkter Gerechtigkeit trägt er die Waage. Doch ich kann nicht erkennen, welcher der Inhalt der Waagschalen ist, denn er ist nicht für unsere Augen bestimmt.

Wenn das Licht eine Stimme besäße, müsste es so klingen wie die Stimmen dieser wundervollen Geschöpfe.

So hörte ich den Ersten sagen:

"Mein Name ist Amathyriel.
Ich bin gekommen, um euch die Wahrheit, die Magie und das Leben zu geben, die alle drei in meinen Adern fließen.
Nehmt mein Geschenk als Zeichen des Neuanfangs und als Zeichen der unerschöpflichen Gnade Bahamuths. "

Also streckte er seine Rechte gen Himmel und der Engel Yols schnitt ihn. Ein weißer Strahl, gleich der Gabe einer Mutter an ihr Kind, floß herab und wurde aufgefangen in einem gläsernen Kelch.

"Und nun tu deine Pflicht, Achenar - Engel Yols", sprach Amathyriel und sank nieder auf seine Knie.
Unglaubliches geschah vor meinen Augen. Achenar erhob sein Schwert und mit ernster Stimme sprach er zu dem Geschöpf Bahamuths:
Bist du gewillt, alles was dir gegeben wurde und was dich zu einem Engel Bahamuths macht, aufzugeben und dich zu fügen in dein Schicksal?

Amathyriel:
"In Demut und mit Freude lege ich all meine Privilegien ab, denn im Einklang mit der Lehre Bahamuths sind alle Wesen es wert, geliebt zu werden. Und allein das Wissen anderen zu nutzen und zu helfen macht mich stärker als alle Macht auf Erden."

Der nächste Augenblick sollte mich noch sehr, sehr lange begleiten. Mit einem Hieb trennte Achenar dem Diener Bahamuths die Flügel vom Leib. Und in diesem Moment zog sich ein Wehklagen über die Erde, denn Amathyriel teilte seinen Schmerz und seine Freude mit allen Wesen, die des Fühlens mächtig waren. Und so geschah es, dass der erste Kelch gefüllt wurde mit Leben, Wahrheit und Magie.

"Mein Name ist Sopharymh", schmetterte es in die Stille der ersten Zeremonie.
"Ich bin hier, um euch das Geschenk des Friedens, der Gerechtigkeit und der Fruchtbarkeit zu machen." Güldenes Haar umfloss ihr Gesicht und die Farben der Erde spiegelten sich in ihren Augen. "Auch ich werde versuchen, euch beizustehen, jedoch nicht, um euch zu führen, sondern euch zu lehren."

Und mit goldenem Blut wurde der Zweite Kelch gefüllt.
Die Welle der Traurigkeit und der Freude breitete sich auch dieses Mal aus, als sie ihre Flügel gab.


"Mein Name ist Yl`naahn", klang es in meinem Kopf, oder kam es direkt aus meinem Herzen selbst? Als wurde die Sonne mit ihren wärmenden Strahlen die Erde selbst liebkosen, durchflutete mich die Botschaft des dritten Engels:

"Nur wer selbstlos ist, kann auch andere lieben. Und nur wer mit Großmut die Schwächen anderer akzeptiert, der soll Wärme empfangen. So wie das Feuer sich ausbreitet und mit seiner Weite an Größe gewinnt, so soll meine Feuer die Herzen erwärmen und den Hass verbrennen."
So rot wie die Glut des Feuers rann ihr Blut in den Dritten Kelch. Und die Welle der Gefühle war geteilt in Schaffen und Vergehen.


"Mein Name ist Den`allaaviel", erklang es wie der Donner, der den nächsten Sturm ankündigt.
"Ich schenke euch die Ordnung und Weisheit und mein Element ist die Luft, die euren Geist in die Höchsten Sphären heben wird. So denn ihr bereit seid, mein Geschenk anzunehmen."
Und die Ebene glich sich dem Blau seines Blutes an, das sich seinen Weg in den Vierten Kelch bahnte.

Mit dem Verlust seiner Flügel schwebte jedes Wesen für eine Sekunde oder Ewigkeit aus seinem Körper, um mit Sehnsucht auf die Einfachheit von diesem zu blicken.

Alle Blicke richteten sich schon auf die fünfte Gestalt, die sich bereitete aus dem Schatten Den`allaviels zu treten, als ein Zittern durch die Welt ging und die Erde selbst sich unter Qualen zu winden begann. Das Zittern wich einem Vibrieren, das sich langsam aber stetig ausbreitete. Ein leises Seufzen und Stöhnen kam aus allen Himmelsrichtungen und schwoll an zu einem unfassbaren Kreischen. Als würde Mutter Erde in den letzten Wehen einer Geburt liegen. Selbst das Gesicht Achenars schien sich für einen kurzen Moment zu verfinstern. Voller Panik versuchte ich, mich aufzuschwingen in die vermeintliche Sicherheit der Luft. Doch eine Kraft von ungeahnter Stärke legte sich wie eine Klaue um meine Flügel. Voller Entsetzen musste ich miterleben, was aus dem Leib der Erde hervordrängte.

Eine tiefe Stille senkte sich auf die blutgetränkten Ebenen Aquillons herab. Sollte die Schöpfung selbst dem Treiben Einhalt geboten haben...?


Und der fünfte Engel fuhr fort.

"Mein Name ist Soran!"
Und mit diesem Aufschrei brach die Welt entzwei. Ein Riss spaltete die Erde und hervor brach ein Strom flüssigen Felsens. Der Himmel war getaucht in Schwarz und Rot. Majestätisch und grausam zugleich, getragen vom Lebensstrom der Erde, erwuchsen sechs Gestalten aus purer Finsternis.

Das Wehklagen der Erde wurde zu einem Wimmern und unheimlich, alles Leben verspottend, thronte auf der Säule aus erstarrtem Lava ser Oberste Heerführer der Verdammnis.

"Seelenpein", erklang es in ungläubigem Chor aus den Kehlen der Engel Bahamuths.

"Ist das im Sinne deines Herren, Achenar? Uns auszuschließen aus dem Gleichgewicht der Schöpfung? Den Kreaturen unseres Herren seine Gaben vorzuenthalten? Oder glaubt Ihr jämmerlichen Kinder des Lichts, ich wäre gefallen in der Schlacht? Falls Ihr das gedacht habt, so muss ich euch enttäuschen."

"Wage es nicht, den Plan der Urschöpfung anzuzweifeln, Seelenpein, wie Du selbst siehst, sind die Kelche nur zur Hälfte gefüllt. Doch sei dir gewahr, solltest du die Gesetze missachten, werde ich dein Richter sein."

So trat der erste Engel der Finsternis hervor und überreichte sein Geschenk.


"Phaly Nai nennt man mich und fürchten soll man mich, denn ich bin der Quell der stärksten Kräfte:

Denn nichts fängt an, ohne zu enden, und so wie Baarghaan die einzige Wahrheit ist, strafe ich die mit Lüge, die sich dieser einzigartigen Erkenntnis widersetzen.
Doch nicht nur der Tod und die Lüge fließt durch meine Adern, auch die Magie lässt mein schwarzes Herz schlagen."
Und ein schwarzer Schwall floß aus einer Wunde unter seinem Herzen, die er sich soeben mit einem Lächeln zugefügt hatte.
Und so geschah es, dass der kristallene Kelch zu Stahl wurde.
Und bevor Achenar sein Schwert erheben konnte, riss Seelenpein seinem Engel selbst die Flügel vom Körper.


Der zweite Engel Sorgotha Nai sprach:
"Ich bringe euch den Krieg und das Verlangen nach Macht. Um sich zu erheben in die Lüfte und zu herrschen über all diejenigen, die sich wie Schlangen am Boden winden."

Und sein violettes Blut verdarb den Zweiten Kelch.
Die Luft erbebte und der Wind stimmte zu einem Trauergesang an, als auch diesem die Flügel genommen wurden.

"Ich bin Asrak Nai; ich bin gestaltgewordener Hass und Egoismus der über Herzen kommen wird wie die alles verschlingende Flut. Denn mein ist das Wasser, das tief und unergründlich ist. "
Und Blut grün wie Gift verdarb den dritten Kelch

"Chorhatt Doon", schallte über die Ebenen, "das ist mein Name."
Er war die schrecklichste unter all diesen Gestalten, der den Begriff Engel in einer fürchterlichen Weise umkehrte. Sein Gesicht war vernarbt und seine Flügel von Malen übersät.
"Ich bin die Verschlagenheit und das Chaos und wie ein Schattengewächs bahne ich mir meinen Weg im Verborgenen, getarnt durch mein Element die Erde. Meine Zeit ist gekommen, euch die Unschuld zu nehmen", und sein Blut floss aus eitrigen Beulen orange hinab und verdarb den vierten Kelch.


Der fünfte Engel trat hervor. Sein Gesicht umspielte ein höhnisches Lächeln.
"Wie mir, Tool Chaar Rhun, scheint, kann ich meiner Bestimmung schon jetzt gerecht werden. Denn ich bin die Grausamkeit und das Blut, das in all euren Adern fließt, um euch daran zu erinnern, dass Baarghaan euer wahrer Schöpfer ist. Ich bin die reinigende, alles verbrennende Flamme von Arkanath. Nun, mein treuer Widersacher Soran, wie es scheint, hat man versäumt euch von der Last eurer Flügel zu befreien. Gebt mir die Ehre dieser würdevollen Aufgabe."

Und während er diesen Satz sprach zog er einem Blitz gleich sein Schwert aus schwarzem Sternenstaub. Die Welt hielt den Atem an, als Soran es noch gerade gelang sich in die Lüfte zu erheben und dem tödlichen Hieb auszuweichen. Eine breite Wunde prangte an seiner Brust und sein grünschimmerndes Blut benetzte den letzten Kelch.

Grausam lächelnd öffnete Tool Chaar Rhun seine Adern und gab dem Kelch die Farbe von tiefstem Rot.

Soran jedoch war voll von Zorn und bemerkte nicht,wie das Gift der Finsternis bereits Besitz von ihm ergriffen hatte. Seine Augen waren von Hass und Leidenschaft durchflutet und Worte entströmten seinem Mund, die niemals vergessen werden sollten:
"Ich habe euren finsteren Plan durchschaut! Seelenpein, du hast dir Dinge angemaßt, die dir nicht zugestehen. Sollte ich meine Flügel verlieren, wärst du der einzige Mächtige, der noch auf Erden wandeln dürfte! Und so ist es meine heilige Aufgabe, die Schöpfung Bahamuths zu schützen und zu stärken.

Ich habe die Wahrheit gesehen, Brüder! Verzweifelt nicht auf Erden, denn eines Tages werden wir zurückkehren, um euch heimzuführen und all jene mit unserer von Bahamuth gegebenen Macht zu richten!"

Und so geschah es, dass der Engel Bahamuths sich anmaßte, dem letzten dunklen Engel die Flügel vom Leib zu trennen.

"Dies wird meinen Thron in der Goldenen Stadt zieren und Dich auf ewig daran erinnern, dass Du das Licht nicht in die Knie zwingen kannst."
Noch während die Worte erschallten, stieg Soran einem Phönix gleich gen Himmel auf, ohne auch nur im Geringsten zu ahnen, dass er der Finsternis erneut die Tore zur Macht öffnete.

In dieser finsteren Stunde gab es nur noch einen, der uns vor dem Untergang retten konnte!
Und so geschah es das Achenar seine fast gottgleiche Macht das erstemal seit dem Anbeginn der Zeit nutzte.

"Seelenpein, deine Intrige ist gegen die Gesetze der Unendlichkeit. Darum verbanne Ich dich nach Yuhzhýriel ! Und nur wer in die absolute Schwärze Cuhllam Torrols geblickt hat, vermag dich für kurze Zeit auf die Welt der Sterblichen zu holen."

Es ward gesprochen und die Sterne traten ehrfürchtig zur Seite vor der Macht des höchsten Dieners des Seins. Die Zeit schloss die Augen und das Schicksal beugte sich dem Richterspruch, um den Verurteilten von dieser Welt zu verbannen.

Seelenpein:
"Eines Tages werden wir uns gegenüberstehen, Achenar! Wenn der Bogen der Zeit gesprengt und der Tod geschlagen vor meinen Füßen liegt, dann werde ich Dich zum letzten Gefecht herausfordern, um an der Seite meines Herren den Thron der absoluten Schöpfung zu besteigen."

Achenar:
"Ich weiß, dieses Zeitalter mag hereinbrechen, doch mein Wissen wird dir auf immer verwehrt bleiben und so wirst du auf immer der Gefangene deiner Unwissenheit sein. Und nun, Wächter zwischen den Welten, tut eure Pflicht".

So geschah es ...

Und ein letztes mal sprach Achenar.
"Ich selbst habe gegen die Ordnung verstoßen, so ist es meine Pflicht den Tribut dafür zu zahlen. "

Und aus dem Engel des Zwielichts wurde ein Engel aus purem Licht geboren.
"Dein Name soll sein Antardis Aquillor und deine Bestimmung ist es, den Menschen ein Lehrer zu sein wie es Soran sein sollte."

Und als die letzten Worte gesprochen waren, umhüllte das Zwielicht die Welt Bargaahns, auf der in Zukunft seine Kinder sowie die Bahamuths leben sollen, und ihr Schicksal und das Schicksal der Götter möge von nun an in ihren Händen liegen.

Und als diese Worte gesprochen waren, gebar die Welt einen neuen Tag, den Tag des Zwielichts.


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